Freitag, 10. April 2015

5.2 Satzungen zum Erziehungsheim Gotteshütte im Dritten Reich

Einleitung


Mit der Machtergreifung der Nazis im Januar 1933 sollte auch das Erziehungswesen in Deutschland radikal umgestaltet werden, und dem Diktat der NS-Ideologie unterworfen werden. Sichtbare Zeichen dafür waren etwa die HJ (Hitlerjugend) oder der BDM (Bund Deutscher Mädchen).
Dieser Wandel, weg von der Weimarer Republik, und hin zu einem neuen Menschen mit rassistisch geprägten Zügen, galt aber auch für  Kinder-, Jugend-, und Erziehungsheime. Federführend um diese Ziele umzusetzen, war die NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt). Diese Verhandlungen auf dem ganzen damaligen deutschen Staatsgebiet, und  mit allen Trägern und Einrichtungen der Erziehungshilfe, begann etwa  Ende der 30er Jahre, wurde dann aber bedingt durch den Überfall der Wehrmachtl auf Polen 1939, also durch den Kriegsausbruch, eingestellt und nicht zu Ende geführt. Ein Ergebnis dieser Abmachungen, bezogen auf die Gotteshütte, war der Wegzug der großen Jungen, und es durften nur noch Knaben bis zum zehnten Lebensjahr in der Gotteshütte verbleiben. (Diese Regelung galt etwa bis 1960, danach wurde an- und umgebaut, und es wurden wieder männliche Jugendliche bis hin zur Volljährigkeit aufgenommen).Siehe dazu auch:

Lesenswert in diesem Zusammenhang und allgemein ist auch eine Expertise im Auftrag des AFET (Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag), erstellt von Dipl. Päd. Melanie Mangold, so wie unter der Leitung des Erziehungswissenschaftlers Prof. Dr. Christian Schrapper. siehe:


Satzungen zur Gotteshütte 1935 und 1937

Die Satzungen zur Gotteshütte während des Dritten Reiches gehen zwar nicht explizit auf die Verhandlungen mit der NSV ein, dennoch scheint es mir aus historischer Sicht sinnvoll, sie einem breiten Publikum aus dem Bereich Erziehungswissenschaft und Sozialpädagogik bekannt zu machen.

Satzung des Erziehungsheims Gotteshütte in Kleinenbremen vom 11. März 1935

§ 1

Das Erziehungsheim Gotteshütte ist eine milde Stiftung und als solche durch Verfügung des Preußischen Ministers der Finanzen vom 8. August 1929 anerkannt.

§ 2

Die Gotteshütte hat als Anstalt der christlichen  Liebestätigkeit vor allem den Zweck, verwahrlosten Kindern bis zur Konfirmation eine Zuflucht und diejenige Erziehung zu gewähren, welche die Stelle der elterlichen Fürsorge soviel als möglich vertreten soll, und durch Hinführung zu Christus die christliche, sittliche und bürgerliche Rettung der Kinder zu versuchen.

§ 3

Die Kinder werden in der Konfession der evangelisch-lutherischen Kirche erzogen und konfirmiert.

§ 4

Die Gotteshütte wird durch einen Vorstand verwaltet, der aus dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern besteht. Der Vorstand, der sich auf Einladung des Vorsitzenden versammelt ist beschlußfähig, wenn zwei Mitgliedre anwesend sind. Der Vorstand wird durch den Verwaltungsrat bestimmt. Der Vorsitzender, welcher vom Verwaltungsrat gewählt wird, vertritt als Leiter die Gotteshütte gerichtlich und außergerichtlich. Bei allen schriftlichen Willenserklärungen genügt die Unterschrift des Vorsitzenden.

§ 5 

Der Verwaltungsrat, den der Vorsitzende des Vorstandes einberuft und leitet, besteht aus zwölf Mitgliedern und ergänzt sich durch Zuwahl. Er tritt mindestens einmahl im Jahr zusammen und ist beschlußfähig, wenn 2/3 der Mitglieder anwesend sind. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist absolute Mehrheit erforderlich.  Bei Stimmengleichheit gibt de Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Beschlüsse des Vorstandes über den Haushaltsplan, Aufnahme von Anleihen, Erwerb und Veräußerungen von Grundvermögen und Ausführungen von Neubauten bedürfen der Zustimmung des Verwaltungsrates. Dem Verwaltungsrat steht auch die Prüfung und Entlastung der Rechnung zu.

§ 6 

Mit Zustimmung von 2/3 der Mitglieder des Verwaltungsrates kann einem Mitgliede des Verwaltungsrates sein Amt entzogen werden.

§ 7

Bei einer Auflösung der Gotteshütte fällt das Vermögen der Anstalt dem Westfälischen Provinzialverband für Innere Mission anheim.

§ 8

Vorstehende Satzung kann nur durch Beschluß des Vorstandes verändert oder aufgehoben werden, wenn zweidrittel der Mitglieder des Verwaltungsrates zugestimmt haben.

Gotteshütte bei Kleinenbremen, den 11. März 1935.

Der Verwaltungsrat
gez. Heidkämper,
Vorsitzender.

Genehmigt!

Minden, den 4. April 1935

Der Regierungspräsident
gez. Unterschrift.

_____

Satzung des Erziehungsheims Gotteshütte in Kleinenbremen vom 5. Oktober 1937

§ 1

Das Erziehungsheim Gotteshütte ist eine milde Stiftung und als solche durch Verfügung des Preussischen Ministers der Finanzen vom 8. August 1929 anerkannt.
Dea Erziehungsheim Gotteshütte verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Steueranpassungsgesetzes. Seine Tätigkeit ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.

§ 2

Die Gotteshüttte hat als Anstalt der christlichen Liebestätigkeit vor allem den Zweck, verwahrlosten Kindern bis zur Konfirmation eine Zuflucht und diejenige Erziehung zu gewähren, welche die Stelle der elterlichen Fürsorge soviel als möglich vertreten soll, und durch Einführung zu Christus die christliche, sittliche und bürgerliche Rettung der kinder zu versuchen.

§ 3

Die Kinder werden in der Konfession der evangelisch-lutherischen Kirche erzogen und konfirmiert.

§ 4

Die Goptteshütte wird durch einen Vorstand verwaltet, der aus dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern besteht. Der Vorstand, der sich auf Einladung des Vorsitzenden versammelt, ist beschlussfähig, wenn zwei Mitglieder anwesend sind. Der Vorstand wird durch den Verwaltungsrat bestimmt. Der Vorsitzende des Vorstandes, welcher vom Verwaltungsrat gewählt wird, vertritt als Leiter des Heimes die Gotteshütte gerichtlich und aussergerichtlich.
Bei allen schriftlichen Willenserklärungen genügt die Unterschrift des Vorsitzenden. Der vom Verwaltungsrat Der vom Verwaltungsrat zu wählende Stellvertreter hat die gleichen Rechte.

§ 5 

Der Verwaltungsrat, den der Vorsitzende des Vorstandes einberuft und leitet, besteht aus zwölf Mitgliedern und ergänzt sich durch Zuwahl. Er tritt mindestens einmahl im Jahr zusammen und ist beschlussfähig, wenn 2/3 der Mitglieder anwesend sind. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist absolute Mehrheit erforderlich.  Bei Stimmengleichheit gibt de Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Beschlüsse des Vorstandes über den Haushaltsplan, Aufnahme von Anleihen, Erwerb und Veräußerungen von Grundvermögen und Ausführungen von Neubauten bedürfen der Zustimmung des Verwaltungsrates. Dem Verwaltungsrat steht auch die Prüfung und Entlastung der Rechnung zu.

§ 6

Die Mitglieder und der Vorstand haben keinerlei Ansprüche auf die Erträgnisse des Vermögens der Anstalt; auch dürfen ihnen keinerlei sonstige Vermögensvorteile zugewendet werden. Soweit sie ehrenamtlich für das Erziehungsheim Gotteshütte tätig sind, haben sie nur Anspruch auf Ersatz der nachgewiesenen baren Auslagen. Die Gewährung angemessener Vergütungen für hauptberufliche Dienstleistungen auf Grund besonderen Anstellungsvertrages bleibt hiervon unberührt. Es darf niemand durch unverhältnismässig hohe Verglütungen oder durch Verwaltungsaulfgaben, die dem Zweck des Heims fremd sind, begünstigt werden.

§ 7

 Mit Zustimmung von 2/3 der Mitglieder des Verwaltungsrates kann einem Mitgliede des Verwaltungsrates sein Amt entzogen werden.

§ 8

Bei einer Auflösung der Gotteshütte fällt das Vermögen der Anstalt dem Westfälischen Provinzialverband für Innere Mission anheim.

§ 9

Vorstehende Satzung kann nur durch Beschluss des Vorstandes verändert oder aufgehoben werden, wenn 2/3 der Mitglieder des Verwaltungsrates zugestimmt haben.

Gotteshütte bei Kleinenbremen, den 5. Oktober 1937.

Der Verwaltungsrat
gez. Heidkämper,
Vorsitzender.

Die vom Verwaltungsrat am 5. Oktober 1937 beschlossene Satzungsänderung - Absatz 2 in §1 und §6 neu eingefügt - wird hiermit genehmigt.

Minden, den 20. Dezember 1937.
Der Regierungspräsident.
Im Auftrage.
Unterschrift

Quellenangabe: Archiv des General - Ausschusses der Inneren Mission Berlin-Dahlem, heute Bibliothek des Diakonischen Werkes Berlin.

Persönlicher Nachtrag: Am 3. Januar 1933 ( bis 1953) übernahm Schwester Mathilde Mirow vom Henriettenstift Hannover kommend die Heimleitung von Hausvater Nolte, der nur drei Jahre als Heimleiter tätig war. Sein Vorgänger, Inspektor Klein und seine Frau leiteten die Gotteshütte von 1897 bis 1928.
Von 1934 an übernahm Pfarrer Hermann Heidkämper aus Bückeburg den Vorsitz der Gotteshütte von Parrer Strahtmann aus Kleinenbremen. Zuvor war Heidkämper schon seit 1910 Kassenwart gewesen. Er versah sein Amt bis 1947.

Manfred Zielke Hamburg, den 8. Mai 2015

Zum Schluss die Satzungen als PDF in der Originalansicht
Beim Öffnen der Datei das Symbol Werkzeuge anklicken und im Uhrzeigersinn nach rechts drehen
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